JUSTUS BIER PREIS 2020

17.09.2021 | Ute Stuffer, Leiterin des Kunstmuseums Ravensburg, erhält zusammen mit Axel Heil den Justus Bier Preis für Kurator:innen.

 

Ute Stuffer und Axel Heil, Foto:  Wynrich Zlomke
Ute Stuffer und Axel Heil, Foto: Wynrich Zlomke

Der mit 5.000 € dotierte Justus Bier Preis für Kurator:innen – seit 2009 zum zwölften Mal vergeben – geht in diesem Jahr an die Kurator:innen Ute Stuffer und Axel Heil.


Ausgezeichnet werden sie für das Projekt und die Publikation Mondjäger: Nathalie Djurberg & Hans Berg im Dialog mit Asger Jorn Kunstmuseum Ravensburg, 19.10.2019 – 16.02.2020.

Aus der Begründung der Jury

Der Justus Bier Preis widmet sich Ausstellungsprojekten und Publikationen, die durch eine originelle Themenstellung und eine fundierte fachliche Aufarbeitung beeindrucken. Beides ist nach Meinung der Jury mit dem Projekt Mondjäger beispielhaft gelungen. Die auf den ersten Blick durchaus überraschende Kombination der Stop-Motion-Filme des schwedischen Künstlerpaares Nathalie Djurberg/Hans Berg (*1978) mit den Skulpturen und Gemälden des Dänen Asger Jorn (1914–1973) erweist sich dabei als hochproduktiver Ansatz, um überraschende und bislang nicht gesehene Parallelen in den beiden – auch zeitlich weit voneinander entfernten – Œuvres freizulegen. Instruktiv und ohne jede didaktische Formatierung wird in der Ausstellung wie auch der begleitenden Publikation deutlich, wie sehr beide künstlerische Universen von dem Prinzip einer alles umfassenden Transformation und Metamorphose geprägt sind. Die starkfarbigen Knetfiguren Djurbergs, die sich in einem Prozess fortlaufender Ver- und Umformung befinden, erweisen sich auf dieser Ebene als generische Verwandte zu den expressiven Gestaltwandlern, die in den dynamisch bewegten Farbmassen und -strudeln Asger Jorns auftauchen. Beide Werke betreiben dabei eine kontinuierliche Vermischung zwischen tierischen und menschlichen Wesen, in der sich ein gemeinsames künstlerisches Plädoyer für das Animalische, Wilde, Ungezügelte und eine Absage an eine rein rationale Weltauffassung erkennen lässt. Auch im Hinblick auf die Rolle der Farbe als Ausdruck von existenzieller Befindlichkeit und das Bekenntnis zum Primat der Deformation wie auch der ästhetischen Grenzüberschreitung berühren sich die künstlerischen Positionen.


Die Ausstellung, die von Ute Stuffer, Direktorin des Kunstmuseum Ravensburg, und Axel Heil entwickelt wurde, der mit dem von ihm und Roberto Ohrt verantworteten Projekt zu Aby Warburgs Mnemosyne-Atlas für das Haus der Kulturen der Welt in Berlin zu Recht viel Beachtung erfahren hat, ordnet sich überzeugend in das programmatische Profil des Kunstmuseum Ravensburg ein, umfasst doch die am Haus befindliche Sammlung Selinka ein Konvolut von Arbeiten Asger Jorns. Die Publikation übersetzt mit klugem Layout durch das Studio S/M/L Berlin, instruktiven Bildvergleichen und substanziellen Textbeiträgen von Axel Heil, Katharina Dohm, Selima Niggl und Lucas Haberkorn auf vorbildliche Weise die Argumentationslinien der Ausstellung und macht sie damit auch im Medium des Buches nachvollziehbar.

Kunstmuseum Ravensburg Installationsansicht MONDJÄGER, Foto: Wynrich Zlomke
Kunstmuseum Ravensburg Installationsansicht MONDJÄGER, Foto: Wynrich Zlomke

Die Preisverleihung findet am 19. November 2021 , um 19 Uhr im Kunstmuseum Ravensburg statt.

Der Justus Bier Preis für Kurator:innen

Der mit 5.000 € dotierte Justus Bier Preis wird jährlich verliehen. Er wird getragen von der ‚Helga Pape Stiftung Jens und Helga Howaldt‘, Hannover.


Mit ihm sollen fachlich und sprachlich herausragende Publikationen in Zusammenhang mit Austel­lungsprojekten aus dem deutschsprachigen Raum ausgezeichnet werden, die sich mit der bildenden Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts befassen. Eine vergleichbare Auszeichnung für kuratorische Leistungen gab es zuvor nicht.


Die Stifter des Preises ebenso wie die Jury sind der Auffassung, dass die Arbeit von Kurator:innen mehr Aufmerksamkeit verdient, als das heute der Fall ist. Schließlich ist die sprachliche und fachliche Auseinandersetzung zwischen Kunst und Kurator:in eine der Grundlagen der Arbeit, die in Museum und Ausstellungshaus geleistet wird.


Der Preis geht zurück auf eine Anregung von Dr. Carl Haenlein, Direktor der Kestner Gesellschaft Hannover von 1974 bis 2002.

Die bisherigen Preisträger:innen

2009: Christiane Meyer-Stoll, Kuratorin am Kunstmuseum Liechtenstein, als Herausgeberin des Katalogs der Sammlung Rolf Ricke sammlungrolfricke einzeitdokument


2010: Markus Heinzelmann, Direktor Museum Morsbroich, Leverkusen und Doreen Mende, freie Kuratorin, Berlin, für ihr Projekt Candida Höfer Projects done


2011: Roland Nachtigäller, Direktor MARTA Herford, mit Friederike Fast, Michael Kröger und Markus Richter für Projekt und Katalog Wir sind alle Astronauten Universum Buckminster Fuller im Spiegel zeitgenössischer Kunst


2012: Ralf Beil, Direktor des Instituts Mathildenhöhe Darmstadt und Peter Kraut, Basel, für Projekt und Katalog A House full of Music Strategien in Musik und Kunst


2013: Johan Holten, Direktor der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden und Friedrich Meschede, Direktor der Kunsthalle Bielefeld für das Projekt und den Ausstellungskatalog Auf Zeit – Was hinter dem Putz steckt (Staatliche Kunsthalle Baden-Baden) bzw. Auf Zeit. Wandbilder – Bildwände (Kunsthalle Bielefeld)


2014: Bogomir Ecker, Raimund Kummer, Friedemann Malsch und Herbert Molderings für das Projekt und den Ausstellungskatalog Lens based Sculpture (Akademie der Künste, Berlin; Kunstmuseum Liechtenstein)


2015: Stephanie Weber, Kuratorin an der Städtischen Galerie im Lenbachhaus München für das Projekt und den Katalog: Lea Lublin: Retrospective.


2016: Inge Herold, stellvertretende Direktorin an der Kunsthalle Mannheim, und Karoline Hille, freie Publizistin und Kuratorin, für das Projekt und den Ausstellungskatalog: Hannah Höch – Revolutionärin der Kunst. Das Werk nach 1945, (Kunsthalle Mannheim, anschließend: Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr)


2017: Andreas Beitin, Brigitte Franzen und Holger Otten für das Projekt und den Ausstellungskatalog: Mies van der Rohe: Montage Collage, Ludwig Forum Aachen.


2018: Inke Arns, Igor Chubarov und Sylvia Sasse für das Projekt und die Publikation: Sturm auf den Winterpalast – Forensik eines Bildes. Hartware MedienKunstVerein im Dortmunder U 


2019: Friederike Voßkamp, wissenschaftliche Volontärin und Jürgen Pech, wissenschaftlicher Leiter des Max-Ernst Museum für das Projekt und die Publikation: Ruth Marten – Dream Lover, Max-Ernst Museum Brühl des LVR

Die Jury

Prof. Dr. Stephan Berg, Intendant Kunstmuseum Bonn (Vorsitzender der Jury seit 2015)

Lars Brandt, Schriftsteller, Bonn

Dr. Carl Haenlein, Hannover (Vorsitzender der Jury bis 2014, seit 2017 Ehrenpräsident der Jury)

Christina Vegh, Direktorin der Kunsthalle Bielefeld

Prof. Thomas Wagner, Kritiker, Heppenheim/Bergstraße

Prof. Thomas Weski, Kurator an der Stiftung für Fotografie und Medienkunst mit Archiv Michael Schmidt, Berlin

Justus Bier (1899 Nürnberg – 1990 Raleigh, NC)

Justus Bier (1899–1990) war von 1930 bis 1936 Direktor der Kestner Gesellschaft in Hannover. Da Justus Bier Jude war, sind seine Entlassung und der Abbruch seines konsequent der modernen Kunst gewidmeten Programms immer wieder durch die Nazis gefordert worden.


Jedoch hat Justus Bier weder sein Programm geändert, noch wurde er vom Vorstand der Kestner Gesellschaft abberufen. Im Zusammenhang mit seiner Franz Marc-Ausstellung im Jahre 1936 wurde das Institut durch die Gestapo geschlossen.


Nach der gelungenen Emigration in die USA übernahm Justus Bier eine Professur für Kunstgeschichte an der University of Louisville, Kentucky. 1961 wurde er Leiter des Allan R. Hite Art Institutes und dann Direktor des Museums in Ralleigh, North Carolina.


Justus Bier zeichnete sich einerseits durch seinen Einsatz für die moderne Kunst aus - noch 1935 zeigte er in der Kestner Gesellschaft Emil Nolde, August Macke und Erich Heckel. Franz Marc folgte 1936. Andererseits bewies er durch seine Forschungen zu Tilman Riemenschneider und Veit Stoß ein tiefes Verständnis für die Geschichte der Kunst. Bis auf den heutigen Tag sind seine Arbeiten über Riemenschneider Meilensteine der Forschung geblieben.


1930–1936       Direktor der Kestner Gesellschaft.

1937–1961       Professor für Kunstgeschichte an die University in Louisville, Kentucky,                                             gleichzeitig Leiter des von ihm gegründeten Allen R. Hite Art Institute.

1953–1954 u.

1956–1957       Guggenheim-Fellowship.

1956                 Gastprofessur an der Freien Universität Berlin.

1960–1961       Fulbright-Fellowship.

1962–‚1970      Leiter des North Carolina Museum of Art, Raleigh, North Carolina.

Vita Preisträger:innen

Ute Stuffer (*1975) ist seit 2018 Direktorin des Kunstmuseums Ravensburg. Sie studierte Kunstwissenschaft und Medientheorie an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe bei Wolfgang Ullrich und Beat Wyss. Anschließend als freie Mitarbeiterin am MNK (Museum für Neue Kunst in Karlsruhe), ab 2008 als Kuratorin am Kunstverein Hannover tätig. Ute Stuffer realisierte zahlreiche Einzelausstellungen u. a. mit Emeka Ogboh, Sophie Calle, Martha Jungwirth, Erik van Lieshout, Susan Philipsz, Christoph Girardet & Matthias Müller, Markus Schinwald, Leigh Bowery oder zum Werk Ernst Ludwig Kirchners. Als Ko-Kuratorin war sie für die Konzeption und Realisierung verschiedener thematischer Gruppenausstellungen verantwortlich u. a. Face it! Im Selbstgespräch mit dem Anderen, Digital Archives, Mental Diary, sowie als Mitglied des kuratorischen Teams der Ausstellung Made in Germany II/III. Sie hat zahlreiche wissenschaftliche Texte publiziert und trat als Herausgeberin verschiedener Publikationen in Erscheinung.


Axel Heil (*1965) ist Künstler, Kurator, Autor und seit 2001 Professor für „Experimentelle Transferverfahren und Artistic Research“ an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe. Er studierte Malerei in Karlsruhe, Paris und Den Haag, sowie Kunstgeschichte und Ethnologie in Heidelberg und Berlin. 1999 gründete er fluid, als Plattform für unterschiedlichste Aktivitäten. Seit 2008 Herausgeber der Serie „The Future of the Past“ (Buchhandlung Walther König, Köln), Monographien zu Künstler*innen der 1960er-Jahre. Das Themenspektrum seiner Essays reicht von Pablo Picasso bis Asger Jorn, Jacqueline de Jong und der Situationistischen Internationale, von John Armleder und Nathalie Djurberg bis zu einer ganz jungen Generation von Künstler*innen. Als Kurator und Co-Kurator entwickelte er zahlreiche Ausstellungen u. a. für das Museum Folkwang in Essen, die Deichtorhallen Hamburg – Sammlung Falckenberg, das Museum Jorn, Silkeborg, oder das ZKM | Zentrum für Kunst und Medien, Karlsruhe. Die Forschungen von Roberto Ohrt und Axel Heil zur Rekonstruktion von Warburgs Bilderatlas mündeten 2020 in der Ausstellung „Aby Warburg – Bilderatlas Mnemosyne. Das Original im Haus der Kulturen“, Berlin, und der Publikation des Atlas in Zusammenarbeit mit dem Warburg Institute, London, und dem HK, Berlin, im Verlag Hatje Cantz.

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